Süsser Lohn der Natur: Der Honig
26. August 2024
Im Achtsamkeitsgarten brummt und summt es fleissig. Wer genau hinschaut entdeckt im hinteren Teil die Bienenkästen. Doch was passiert eigentlich mit dem Honig, den die fleissigen Insekten produzieren? Imkerin Anna Tina Heuss verrät, was bei der Honigernte passiert und gibt Einblicke in die Produktion.
Wenn die Natur in voller Blüte ist, steht uns Imkerinnen und Imkerinnen ein ganz besonderes Ereignis bevor: die Honigernte. Es ist ein Highlight für alle Sinne, wenn der Honig aus der Schleuder fliesst und durch das Sieb in den Kessel tropft. Bevor sich die harte Arbeit des Frühlings auszahlt, haben die Bienen und wir Imkerinnen und Imker viel investiert.
Die Honigernte beginnt eigentlich lange bevor die ersten Honigwaben entnommen werden. Schon im frühen Frühling starte ich mit der Vorbereitung. Ich stelle sicher, dass die Bienen gesund sind und die Völker stark. Eine starke Population ist entscheidend, denn mehr Bienen bedeuten mehr Arbeitskräfte zum Sammeln von Nektar.
Wie ihr vielleicht wisst, gibt es unterschiedliche Betriebsweisen. Die einen imkern im Bienenhaus, die anderen - so wie ich - mit sogenannten Magazinen, das sind die frei stehenden Bienenkästen. Aber egal ob Bienenhaus oder Magazin, der Honig wird von den Bienen immer über dem Brutraum gelagert. Für mich Magazinimkerin bedeutet das: Ich muss den Bienen Platz geben, damit sie den Honig einlagern können. Dazu füge ich den Magazinen oberhalb des Brutraumes zusätzliche Honigräume hinzu. Mit einem Absperrgitter sorge ich dafür, dass die Königin nicht in die Honigwaben geht und sie bebrütet. Diese Waben dürfen in der Schweiz nicht geschleudert werden.
Die Sammelbienen sind unglaublich fleissig. Blüht im Frühling der Raps und die Obstbäume, füllt sich der Honigraum im Nu. Das ist perfekte Teamarbeit: Die Sammlerinnen sammeln den Nektar im Honigmagen, bringen den Honig zum Eingang und übergeben ihn an die Lagerbienen. Diese bringen ihn hoch in den 1., 2. oder 3. Stock. In den Honigmägen der Bienen wird der Nektar mit Säuren und Enzymen angereichert. In den Waben eingelagert, reift er in wenigen Wochen zum Honig heran. Eine Honigbiene produziert in ihrem Leben etwa 1 bis 2 Teelöffel Honig. Dafür fliegt sie tausende Blüten an. Jedes Bienenvolk sammelt so über etwa 100 Kilo pro Jahr für den Eigenbedarf. Wir Imkerinnen und Imker entnehmen nur etwa 10 bis 30 kg.
Der perfekte Zeitpunkt für die Honigernte ist ebenso kritisch wie das Wetter.
Normalerweise ernte ich im Mai/Juni und im Juni/Juli noch einmal. Der Honig ist «fertig» zur Ernte, wenn die Bienen die Waben mit einem Wachsdeckel versiegelt haben. Das ist ein Zeichen dafür, dass der Honig den richtigen Feuchtigkeitsgehalt hat und "reif" ist. Als Siegelimkerin (das sind die, die ihre Honiggläser mit einem Siegel versehen dürfen) habe ich strenge Vorgaben, was die Qualität angeht. Ich darf nur Honig mit dem Siegel verkaufen, der unter 18.5% Feuchtigkeit hat. Tiefer geht immer, höher nicht, da der Honig dann «zu feucht» werden und auch gären kann. So wie die Winzerinnen und Winzer den Zuckergehalt, den Öchslegrad, messen, bestimmen wir die Feuchtigkeit mit einem sogenannten Refraktometer.
Die Ernte ist ein aufwändiger und sorgfältiger Prozess.
24 h vor der Ernte lege ich zwischen dem Honigraum und dem Brutraum eine sogenannte Bienenflucht ein. Die Bienen können vom Honigraum runter in den Brutraum aber nicht mehr hinauf. Damit sind die Honigräume am Tag der Ernte einigermassen Bienen frei. Das ist für alle Beteiligten entspannt.
Ich entnehme die verdeckelten Waben und bringe sie in den Schleuderraum. Dort steht die Honig-Schleuder, die den Honig durch Zentrifugalkraft aus den Waben schleudert, ohne sie zu zerstören. Der Honig fliesst durch ein Sieb in den Kessel. Die Waben gebe ich bei der ersten Honigernte direkt in die Honigräume zurück. Die Bienen füllen sie direkt wieder auf.
Nach einem Tag hat sich an der Oberfläche der Honigkessel der Schaum vom Schleudern gesammelt. Mit einem Teigschaber entferne ich ihn und nun ist der Honig bereit für die Gläser.
Am meisten freue ich mich jedes Jahr auf das erste Stück Zopf mit Honig frisch aus den Waben. Es gibt nichts Besseres!