Von Farbtupfern, Schmuckleisten und neuen Stoffen

26. April 2023

In alten Mauern aber neuem Glanz wird das geschichtsträchtige Hotel Schützen Rheinfelden erstrahlen. Seit Beginn am Projekt mitgearbeitet hat Christian Grossert, Innenarchitekt vom Baubüro in situ. Wir haben ihn gefragt, wie man an ein solches Traditionshaus herangeht.

Christian Grossert: Ziel war es, den Charme des Hauses wieder zu beleben und mit Neuem zu untermalen. Der Gast darf spüren, dass sich der erste Eindruck von aussen auch im Inneren widerspiegelt. Deshalb wurde bei der Innenarchitektur darauf geachtet, die Stilelemente aus der Gründerzeit zu erhalten, mit neuen Charakteren zu ergänzen und im gleichen Zug die heutigen Komfortansprüche zu integrieren. Das ist bei diesem Projekt besonders gelungen. Möglichst viele Materialien und Details zu erhalten ist Herzenssache. Es versteht sich von selbst, dass bei einem Projekt wie dem Hotel Schützen, während der gesamten Bauzeit immer wieder die Frage über Wert und Sinn des Erhaltens gestellt wird. Ein Bauteil zu erhalten oder zu erneuern, verdient den Zuspruch.

 

Kannst du uns hierzu ein paar Beispiele ausführen?

Alte Parkettböden wurden, wenn es nicht unumgänglich war, erhalten oder ergänzt - das Knarren aus alten Zeiten darf und soll bleiben. Diese knisternde Atmosphäre ist nicht käuflich zu erwerben. Alte Radiatoren wurden vom Lack befreit und neu beschichtet. Der gusseiserne Charme mit all den schmucken Details der vergangenen Zeit verleiht den renovierten Räumen nicht nur die beheizte Wärme. Auch den Korridoren hat man die Wandverkleidung mit Raufasertapete gelassen oder wieder zurückgegeben. Der oben abschliessenden Tapetenleiste hat man in neuer Form in Korrespondenz zur Signalethik gebracht. Somit hat ein einfaches, funktionales Element zwei Aussagen erhalten und den Bezug in die Vergangenheit gehalten.

 

Im neuen Hotel Schützen sind neue Hotel- wie auch Klinikzimmer entstanden. Wie unterscheiden sich die beiden Zimmertypen?

Bei der Projektplanung wurde auf die verschiedenen Bedürfnisse von Hotelgästen sowie der Patientinnen und Patienten gleichermassen eingegangen. In der Gestaltung unterscheiden sich die beiden Zimmertypen nicht. Die Ausstattung der Räumlichkeiten wurden in Details der jeweiligen Nutzung und Aufenthaltsdauer angepasst.  Das Farbkonzept mit zartem Farbton verleiht den Räumen eine ruhige Grundstimmung, die von klar strukturierten Einbauten eingerahmt wird. Die zurückhaltende Formensprache der Einrichtungsgegenstände nimmt Bezug auf den Beginn der Industrialisierung und integriert somit stilvolle Entwürfe aus den 1950er-Jahren.

 

Welche Materialien habt ihr hierbei verwendet?

Was man sieht, soll auch drin sein. Wenn der Gast Holz sieht oder spürt, ist auch Holz drin. Auch Holzwerkstoffplatten hat man denselben Ansatz verfolgt. Ausnahmen wurden aus brandschutztechnischer Sicht natürlich berücksichtigt.  Die Oberflächen wurden entsprechend den technischen und hygienischen Ansprüchen veredelt. Somit entstand eine Mischung aus lackierten und geölten Oberflächen. Möbelbezugsstoffe sind mit Ausnahmen aus Wolle, teils mit rezyklierten Anteil. Bezüge aus Kunstfasern sind nur bei hoch beanspruchten Oberflächen eingesetzt, die sehr häufig gereinigt werden. Bei allen Materialien wurde stehts auf die Umweltverträglichkeit geachtet. Somit konnte auch auf der Verwendung bestehender Einrichtungsgegenstände Beachtung geschenkt werden. Beispielsweise werden die Sessel, die vormals im Empfang standen mit neuem Bezug versehen und geben Patientenaufenthalt in Verbindung mit neuen Sofas ein klassisches, einladendes Ambiente.

 

Welche Reaktion wünschst du dir von den Gästen?

Es macht bereits jetzt Freude, verschiedene Stimmen zu hören, die sich auf den Einzug freuen. Es ist mir jedoch wichtig, wenn der erste Neueröffnung-Wow-Effekt verflogen ist, dass sich die Gäste wohl fühlen, wieder kommen und sich Patienten während ihres Aufenthaltes erholen können. Erst dann haben wir eine nachhaltige, langlebige Atmosphäre geschaffen. Es würde mich sehr freuen, wenn in ein paar Jahren noch die ähnlichen Emotionen die Räume prägen.

  • Christian Grossert, Innenarchitekt Baubüro in situ

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