Kaiserliche Besuche und Kurheilanwendungen
23. Mai 2024
Ein Streifzug durch die Geschichte des Hotel Schiff: Dieser Ausflug beleuchtet die wechselvolle Geschichte eines Hauses, das einst Kaiser beherbergte und heute als beliebtes Ziel für Reisende gilt.
Um die Geschichte des Hotel Schiff zu erzählen, muss zuerst ein Blick auf die Entstehungsgeschichte Rheinfeldens geworfen werden. Vor fast 900 Jahren – im Jahr 1130 – wurde Rheinfelden zur Stadt erhoben und ist somit die älteste Zähringerstadt der Schweiz. Die Zähringer bauten die Stadt kontinuierlich aus und errichteten in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts die Rheinbrücke als eine der ersten grösseren Brücken in der Region. Als wichtiges Bindeglied zwischen dem süddeutschen Raum und dem Raum Bern hatte Rheinfelden somit eine wichtige Bedeutung für den Reiseverkehr.
Im Jahr 1474 wird erstmals das Gasthaus Schiff erwähnt, das sich direkt beim Brückenkopf an der unteren Marktgasse befindet. In den darauffolgenden Jahrhunderten wird der Betrieb auf die rheinaufwärts gelegenen Häuser ausgedehnt. Das Schiff besteht somit nun aus mehreren zusammenhängenden Häusern.
In den 1770er-Jahren besucht der österreichische Kaiser Joseph II. Rheinfelden und logiert dabei im Hotel Schiff. Zu seinem Andenken sandte er dem Schiff ein in Lebensgrösse gemaltes Portrait von sich zu. Ob es sich heute wohl noch in den Fluren entdecken lässt?
Die Entdeckung von Salzvorkommen im Raum Rheinfelden um 1848 ebnete den Weg für den berühmten Gesundheitsstandort. Die dort geförderte Sole führte zu einem Aufschwung von Rheinfelden: Schon bald merkten findige Köpfe, dass sich mit der Sole und mit dem zu Heilzwecken anreisenden Publikum zünftig Geld verdienen liess. Wer über ein Flair für Gäste, über das entsprechende Personal und über die nötigen technischen Einrichtungen verfügte, konnte eine breite Gästeschar bedienen. Mit Duschen, Abwaschungen, Kompressen, Inhalationen und mehr wurden die verschiedensten Krankheiten behandelt, von Krankheiten des Nervensystems bis hin zu Hautkrankheiten, Herzproblemen und Rheuma.
Die steigenden Besucherzahlen verliehen dem Hotelbau Aufschwung. Nicht nur Städte benötigten neue und grössere Unterkünfte, sondern auch die ländlichen Gebiete. Positioniert waren die Neubauten neben Schiffsländen, Bahnhöfen und Poststellen, wo die Klientel um- und ausstieg. So wurde auch das Schiff umgebaut und mit Wannenbädern und anderen Kuranwendungen als «Hotel Soolbad Schiff» am 20. Mai 1866 wiedereröffnet.
In der höchsten Blütezeit gegen Ende des 19. Jh. besuchten Reiche und Adlige aus ganz Europa den Kurort - es gab sogar eine direkte Zugsverbindung Paris-Rheinfelden. Die Stadt gehörte um die Jahrhundertwende zu den bekanntesten Badekurorten Europas und war vor allem bei wohlhabenden französischen und russischen Touristen beliebt. Mit Hilfe von Prospekten, Reiseführern und Plakaten wurde für diese Region geworben und die anreisenden Touristen kurbelten das Wachstum der Tourismusbranche weiter an. In der Blütezeit des Kurortes wird das Schiff zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt.
In den 1930er-Jahren wurden die engen Stadteingänge bei der Rheinbrücke abgebrochen. An ihrer Stelle traten Neubauten mit runden Elementen wie die Fassade des Hotel Schiff aus 1932. Hierbei erfolgte der Bau der heute so beliebten Rheinterrasse. Im Kellergeschoss befinden sich die Sole-Badekabinen, im Erdgeschoss das Restaurant und im Obergeschoss die Hotelzimmer mit Rheinblick.
Durch den Beginn des 2. Weltkrieg kam der Kur- und Badetourismus fast vollständig zum Erliegen. Auch der Betrieb als «Soolbadhotel» wurde während dieser Zeit eingestellt – dafür entstand im Keller eine Kegelbahn! Mit der Rezession nahm die Bedeutung des Kurortes weiter ab. Der Abwärtstrend konnte jedoch in den 1970er Jahren durch eine Neuausrichtung Rheinfeldens hin zu einem medizinisch-therapeutischen Gesundheitszentrum und mit dem Ausbau des Freizeit- und Wellnessangebots umgekehrt werden.
In den 1970er-Jahren wurden die stilistisch markanten, runden Fassaden-Elemente ersetzt und die heutige Fassade entstand. An die lange und alte Geschichte erinnert heute das Wirtshausschild über dem Hoteleingang – das übrigens ins Verzeichnis der Kantonalen Denkmäler aufgenommen wurde.